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Beteiligung der Lausitzer

Im Zusammenhang mit dem Strukturwandel wird viel von Beteiligung gesprochen, wobei regelmäßig zu beobachten ist, dass die tatsächliche Beteiligung der Bevölkerung deutlich geringer ist, als sich die Macher von Beteiligungsprozessen erhoffen. Es lohnt sich deshalb, einmal einen genaueren Blick auf das Interesse der Lausitzer Bevölkerung an der Lausitz, die Bereitschaft, sich zu beteiligen, sowie das tatsächliche Engagement zu werfen. 


Das Interesse an Beteiligung ist von 2020 auf 2021 leicht zurückgegangen 

2020 sagten zwei Drittel (67 Prozent) der Lausitzerinnen und Lausitzer von sich, dass ihnen die Lausitz sehr am Herzen liege. 2021 ist dieser Anteil leicht zurückgegangen (61 Prozent). Ähnlich sieht es mit der Präsenz des Themas Lausitz in Gesprächen im Freundeskreis aus. Während 2020 noch etwas mehr als jeder Dritte (37 Prozent) angab, oft mit Freunden oder Bekannten über die Lausitz zu sprechen, ist es 2021 nur noch jeder Vierte (24 Prozent).


Der Personenkreis derjenigen, die Interesse daran haben, sich für die Zukunft der Lausitz zu engagieren, ist ebenfalls von knapp einem Drittel der Bevölkerung (31 Prozent in 2020) auf etwa ein Viertel (24 Prozent in 2021) zurückgegangen. Beim tatsächlichen Engagement ist der Rückgang jedoch deutlich schwächer als beim Interesse an der Beteiligung. Hier beträgt die Differenz zu 2020 nur zwei Prozent. 2020 gaben 13 Prozent der Befragten an, sich in letzter Zeit aktiv an der Gestaltung der Zukunft der Lausitz beteiligt zu haben, 2021 waren es 11 Prozent. 



Die Beteiligungsbereitschaft ist zwischen Lausitzerinnen und Lausitzern ungleich verteilt

Analysiert man die Beteiligungsbereitschaft etwas genauer, so fällt auf, dass Männer generell etwas beteiligungsbereiter sind als Frauen. Der höchste Anteil der an Beteiligung Interessierten findet sich in der Gruppe der jüngeren Männer im Alter zwischen 18 und 39 Jahren, während die Frauen der gleichen Altersgruppe den geringsten Anteil beteiligungsinteressierter Personen aufweist. Das Verhältnis zwischen beteiligungsbereiten Frauen und Männern beträgt in dieser Gruppe etwa 1:2,5. Mit zunehmendem Lebensalter nähern sich die Anteile etwas an, das heißt, der Anteil der Beteiligungsbereiten geht bei den Männern etwas zurück, während der Anteil beteiligungsbereiter Frauen etwas zunimmt. Bei den über 60-Jährigen beträgt das Verhältnis zwischen Frauen und Männern im Hinblick auf die Beteiligungsbereitschaft etwa 2:3.


Die Beteiligungsbereitschaft ist unter Schülern, Lehrlingen und Studenten am geringsten, während es deutlich steigt, sobald jemand voll berufstätig ist. Auf einen beteiligungsbereiten Lausitzer in Schule, Ausbildung oder Studium kommen zwei voll berufstätige Lausitzer, die von sich sagen, dass sie ein mittleres bis starkes Interesse an Beteiligung haben. Bei den Rentnern sinkt der Anteil der Beteiligungsbereiten wieder etwas. 


Die Beteiligungsbereitschaft ist unter Menschen, die bereits ein Ehrenamt ausüben, deutlich höher als unter denjenigen, die sich nicht ehrenamtlich engagieren. Das Verhältnis beträgt 10:6. 


Der Anteil beteiligungsbereiter Menschen nimmt mit dem Bildungsstand leicht zu. Auf zehn beteiligungsbereite Personen mit Abitur oder Fachhochschulreife kommen acht mit Realschulabschluss. 


Einen ebenfalls eher geringen Einfluss hat das Haushaltsnettoeinkommen. Der Anteil der Personen mit mittlerer oder starker Beteiligungsbereitschaft ist in der Gruppe derjenigen mit einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 2000 und 4000 Euro im Monat etwas größer als in der Gruppe der Menschen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 2000 Euro monatlich. Auf zehn beteiligungsbereite Personen aus der ersten Gruppe kommen sieben Personen aus der zweiten Gruppe. 


Der Anteil beteiligungsbereiter Menschen ist in Sachsen etwas höher als in Brandenburg. Auf neun engagierte Sachsen kommen sieben engagierte Brandenburger. Allerdings gibt es deutliche regionale Unterschiede. Die meisten beteiligungsbereiten Menschen sind im Landkreis Oberspreewald-Lausitz und im Landkreis Bautzen zu finden, die wenigsten in den Landkreisen Dahme-Spreewald und Spree-Neiße. Die Stadt Cottbus liegt mit den Landkreisen Görlitz und Elbe- Elster im Mittelfeld. 


Praktische Schlussfolgerung für Beteiligungskampagnen 

Wollte man beispielsweise ein Projekt oder ein Programm zum Strukturwandel oder zur Zukunft der Lausitz in sozialen Netzwerken bekannt machen und damit Beteiligung generieren, ließen sich aus den bisher dargestellten Ergebnissen des Lausitz-Monitors u.a. folgende Erkenntnisse ableiten: 


  1. 1. Die erfolgversprechendste Zielgruppe für Beteiligungsvorhaben in der Lausitz sind Männer im Alter zwischen 40 und 60 Jahren, die voll berufstätig und ehrenamtlich tätig sind. Sie wohnen eher in den Landkreisen BZ und OSL und nur selten im Landkreis LDS. 
  2. 2. Die wahrscheinlich am schwersten zu erreichende und damit für Kampagnen teuerste Zielgruppe sind junge Frauen in der Ausbildung bzw. im Studium.


Welche Themen eignen sich für Beteiligung? 

Betrachtet man die Interessen derjenigen, die von sich sagen, dass sie eine mittlere bis starke Beteiligungsbereitschaft haben, dann stehen die Wohnorte sowie das soziale Miteinander weit im Vordergrund. Etwa die Hälfte des beteiligungsbereiten Personenkreises beteiligt sich am liebsten an Projekten für attraktive Dörfer und Städte (51 Prozent) sowie an Projekten im sozialen Bereich (Gesundheit, Pflege, Kinderbetreuung, Bildung und Wohnen). Deutlich geringer, aber mit einem Drittel des beteiligungsbereiten Personenkreises immer noch signifikant, ist das Interesse für die Themen Gesellschaft und Zusammenhalt, Digitalisierung sowie Verkehrsinfrastruktur und Mobilität. Marketing, Kultur, Kunst und Tourismus finden immerhin noch das Interesse jeder vierten beteiligungsbereiten Person. Kaum auf Interesse trifft hingegen das Thema Partizipation (4 Prozent). Grenzübergreifende Zusammenarbeit und Wirtschaftsentwicklung bleiben mit ca. 15 Prozent Interesse eher Nischenthemen, genau wie Forschung und Wissenschaft sowie Tagebaufolgelandschaften und die Infrastruktur der Energiewirtschaft. 


Es lohnt sich, die Interessen der beteiligungsbereiten Lausitzerinnen und Lausitzer etwas genauer zu betrachten, denn es zeigen sich deutliche und interessante Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen. Zwar würde sich nur etwa jede vierte jüngere Frau engagieren, aber ein Blick auf die Interessen gerade der Gruppe der beteiligungsbereiten jüngeren Frauen könnte helfen, die Erreichbarkeit dieser Zielgruppe etwas zu verbessern. 


Vergleicht man die Interessen nach verschiedenen Zielgruppen, so findet man eine Reihe von Themen, für die sich die jüngeren Lausitzerinnen im Alter zwischen 18 und 39 Jahren im Vergleich zu anderen Zielgruppen stärker interessieren: 


  1. 1. Soziale Themen (Gesundheit, Pflege, Kinderbetreuung, Bildung, Wohnen) 
  2. 2. Marketing, Kultur, Kunst und Tourismus 
  3. 3. Gesellschaft und Zusammenhalt 
  4. 4. Partizipation 
  5. 5. Grenzübergreifende Zusammenarbeit 


Hier zum Vergleich die Interessen, für die sich in Relation zu anderen Zielgruppen vor allem die für Beteiligung deutlich leichter zu begeisternden „mittelalten Männer“ zwischen 40 und 59 Jahren interessieren: 


  1. 1. Tagebauflächen und Bauten der Energiewirtschaft 
  2. 2. Wirtschaftsförderung und -entwicklung 
  3. 3. Innovation, Forschung und Wissenschaft 
  4. 4. Fachkräfteentwicklung 
  5. 5. Grenzübergreifende Zusammenarbeit 


Welche Kanäle und Formate werden bevorzugt? 

Bleiben wir noch etwa länger bei den beteiligungsbereiten Lausitzerinnen und Lausitzern. Wir haben nicht nur nach der Beteiligungsbereitschaft und den thematischen Interessen gefragt, sondern auch nach verschiedenen Wegen und Formen der Beteiligung. Auch hier zeigt sich ein interessantes Bild, das dabei helfen kann, Beteiligung zielgruppenadäquater zu gestalten. 


Die populärsten Beteiligungsformate sind Bürgerentscheide (44 Prozent), Bürgerinitiativen (42 Prozent) und Vereinsarbeit (37 Prozent). Immerhin noch jede vierte beteiligungsbereite Person hält auch moderierte Diskussionsveranstaltungen vor Ort und den Austausch in sozialen Medien für gangbare Wege der Beteiligung (jeweils 24 Prozent). Nur etwa jede siebte Person würde sich in einer Partei engagieren (14 Prozent) oder sich an moderierten Diskussionsveranstaltungen im Internet (13 Prozent) beteiligen. Die Mitarbeit in einer Wählervereinigung kommt nur für jede zwanzigste beteiligungsbereite Person (5 Prozent) infrage. 


Im Vergleich zu anderen Zielgruppen bevorzugen die beteiligungsbereiten jüngeren Frauen den Austausch in sozialen Medien am stärksten, während die beteiligungsbereiten Herren zwischen 40 und 59 vor allem Diskussionsveranstaltungen vor Ort bevorzugen. Ein Format, das beide Gruppen im Vergleich zu anderen Zielgruppen bevorzugen, ist die Vereinsarbeit. 


Zwar ist das Engagement in einer politischen Partei oder Wählervereinigung insgesamt nicht populär, aber die höchste Bereitschaft für politisches Engagement in dieser Form zeigen im Vergleich zu allen älteren Gruppen vor allem die jüngeren Lausitzer beiderlei Geschlechts. 


Die folgende Matrix zeigt, welche Zielgruppen welche Kanäle bzw. Beteiligungsformen am Ehesten bevorzugen. Wichtig: Es handelt sich hier ausschließlich um Angaben des beteiligungsbereiten Personenkreises. 




schlecht: kaum oder keine Akzeptanz/Zugänglichkeit des Formats

ok: geringere bis mittlere Akzeptanz/Zugänglichkeit des Formats 

gut: mittlere bis hohe Akzeptanz/Zugänglichkeit des Formats

sehr gut: höchste Akzeptanz/Zugänglichkeit im Vergleich


Erkenntnisse aus der Analyse der Beteiligungsformate

  1. 1. Als Beteiligungsformate mit einer breiteren Akzeptanz kommen vor allem Bürgerentscheide und Vereinsarbeit infrage. Bei wichtigen Einzelthemen wäre auch die Gründung von Bürgerinitiativen eine Option.
  2. 2. Politische Parteien haben es schwer. Wenn überhaupt, dann können politische Parteien in sehr begrenztem Umfang jüngere Menschen beiderlei Geschlechts oder ältere Herren zur Mitarbeit bewegen.
  3. 3. An moderierten Diskussionen vor Ort nehmen wahrscheinlich vor allem Männer mittleren Alters teil.
  4. 4. Engagierte jüngere Frauen erreicht man am Ehesten in sozialen Netzwerken, und sie sind, wenn überhaupt, am Ehesten für Vereinsarbeit zu begeistern.
  5. 5. Moderierte Diskussionen im Internet werden, wenn überhaupt, in der Lausitz erst in Zukunft ein geeignetes Format darstellen, weil es lediglich bei der jetzt jüngeren Generation eine im Vergleich nennenswerte, aber insgesamt noch eher geringe Akzeptanz für dieses Format gibt.


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Der LausitzMonitor ist ein Projekt von Stefan Bischoff (MAS Partners) und Jörg Heidig (Prozesspsychologen). Mit der Studie möchten die Projektpartner der Öffentlichkeit belastbare Fakten zur Stimmung in der Region und zu den Meinungen zum Strukturwandel und zur Zukunft der Lausitz liefern.

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Stefan Bischoff

MAS Partners

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Tel.: +49 175 584 00 19
E-Mail: sbischoff_at_maspartners.de
Internet: www.maspartners.de

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Dr. Jörg Heidig

Prozesspsychologen

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